BGH zur Gläubigeranfechtung durch den Insolvenzverwalter außerhalb der InsO-Fristen „BGH, Urteil vom 5.12.2024 – IX ZR 42/24“
- Roland Kortsik
- 7. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Kernaussage:
Ein Insolvenzverwalter kann einen Gläubigeranfechtungsanspruch nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) nur durchsetzen, wenn dem Insolvenzgläubiger ein vollstreckbarer Titel vorliegt. Der Anfechtungsgegner kann sich dann gegen den Insolvenzverwalter mit denselben Einwendungen verteidigen wie gegen den ursprünglichen Gläubiger.
Hintergrund des Falls:
Im Jahr 2009 wurde ein erheblicher Vermögensanteil vom Schuldner (Vater des Beklagten) auf den Beklagten übertragen – darunter Aktien, Geschäftsanteile und Immobilien. Diese Transaktionen fanden im Kontext eines laufenden Rechtsstreits zwischen dem Schuldner und einer Gläubigerin statt. Diese hatte aus einer Put-Optionsvereinbarung einen Zahlungsanspruch gegen den Schuldner, der 2012 rechtskräftig tituliert wurde.
Nach der Insolvenzeröffnung 2019 nahm der Insolvenzverwalter ein anhängiges Gläubigeranfechtungsverfahren auf und verfolgte Rückübertragungen der Vermögenswerte. Er stützte sich dabei auf §§ 3, 4 AnfG sowie ergänzend auf insolvenzrechtliche Anfechtungstatbestände.
Entscheidung des BGH:
Titelerfordernis bei Gläubigeranfechtung:Der Insolvenzverwalter kann nur dann Anfechtungsansprüche nach dem AnfG erfolgreich geltend machen, wenn der ursprüngliche Gläubiger über einen vollstreckbaren Titel verfügt (§ 2 AnfG). Das ist hier gegeben durch das Urteil des LG München I vom 6. Februar 2012.
Einwendungen gegen den Titel:Der BGH stellt klar, dass der Anfechtungsgegner sich mit denselben Einwendungen gegen den Schuldtitel verteidigen kann wie gegenüber dem Gläubiger. Im vorliegenden Fall waren solche Einwendungen – insbesondere zur Unmöglichkeit der Zug-um-Zug-Leistung – rechtskräftig geklärt und nicht durchgreifend.
Rechtsmissbrauch und Aussetzung:Der Einwand des Beklagten, die Gläubigerin habe den Titel sittenwidrig erschlichen, wurde vom BGH als unsubstantiiert zurückgewiesen. Auch eine Aussetzung des Verfahrens wegen paralleler Klage vor dem LG Köln wurde nicht als erforderlich angesehen (§ 148 ZPO).
Vorsatzanfechtung (§ 3 Abs. 1 AnfG):Das Gericht erkannte im Rahmen einer Gesamtwürdigung einen Benachteiligungsvorsatz – insbesondere durch die Übertragung nahezu des gesamten Vermögens, das familiäre Näheverhältnis sowie die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Das Wissen der handelnden Bevollmächtigten (Ehefrau des Schuldners) wurde beiden Seiten zugerechnet.
Fehlende Gegenleistungen:Vom Beklagten behauptete Rückzahlungsansprüche (z. B. aus angeblichen Darlehen) konnten nicht belegt werden. Die Übertragungen galten daher als unentgeltlich bzw. inkongruent.
Fazit:
Der BGH bestätigt, dass bei Anfechtung außerhalb der InsO-Fristen das Titelerfordernis des AnfG auch dann gilt, wenn ein Insolvenzverwalter den Prozess führt. Ein rechtmäßiger Titel schützt den Gläubigeranspruch – Einwendungen dagegen müssen auf neuen, substantiierten Tatsachen beruhen. Die Übertragung wesentlicher Vermögenswerte im engen familiären Umfeld bei erkannter Gläubigergefährdung reicht für eine Vorsatzanfechtung aus.
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