Gesamtschuldnerische Haftung bei Schneeballsystem durch juristische Personen
- Roland Kortsik
- 7. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
1. Leitsätze und rechtlicher Rahmen
Der BGH bestätigt erneut: § 31 BGB gilt für alle juristischen Personen und ordnet keine eigene Haftung an, sondern weist einem bereits bestehenden Anspruch eine juristische Person zu. Handelt ein Organ in amtlicher Funktion rechtswidrig, haftet die Organisation. Sind mehrere juristische Personen über eine organsgleiche Person involviert, haften sie gesamtschuldnerisch (§ 840 Abs. 1 BGB). Dies gilt auch bei komplexen Betrugskonstruktionen wie Schneeballsystemen.
2. Hintergrund: Struktur eines betrügerischen Finanzsystems
Im Zentrum stand ein Schneeballsystem rund um die F. KGaA, deren Vorstand auch persönlich haftender Gesellschafter war. Diese gab Orderschuldverschreibungen aus, deren Zinspflicht durch frisches Kapital finanziert wurde. Die P. AG – ebenfalls unter Leitung derselben Person – vermittelte sogenannte Eigenverträge, um Provisionen und bilanzielle Gewinne zu generieren, die das Unternehmen wirtschaftlich stabil erscheinen ließen.
3. Beteiligung der P. AG und Anspruch des Klägers
Der Kläger investierte 100.000 € und erhielt nur rund 5.000 € zurück. Das Berufungsgericht sah einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263, § 264a StGB sowie § 826 BGB. Die P. AG habe als Teil des Systems durch aktive Vermittlungshandlungen den Betrug wesentlich unterstützt. Das Gericht stellte klar: Auch ohne direkten Anlegerkontakt haftet eine juristische Person, wenn ihr Organ maßgeblich an der schädigenden Handlung beteiligt war.
4. Relevanz von § 31 BGB in Konzernstrukturen
Der BGH bekräftigte: Mehrere juristische Personen können gleichzeitig über dieselbe natürliche Person als Organ haften, sofern diese in unterschiedlichen Funktionen innerhalb des jeweiligen Wirkungskreises gehandelt hat. Die Täuschung der Anleger beruhte auf einem arbeitsteiligen Vorgehen, bei dem auch die P. AG durch Provisionsstrukturen zur Irreführung beitrug.
5. Keine Verjährung des Anspruchs
Die Forderungsanmeldung im Jahr 2019 hemmte die Verjährung rechtzeitig (§ 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB). Die Voraussetzungen für den Fristbeginn gemäß § 199 BGB lagen nicht vor, da dem Kläger nicht vor 2016 alle relevanten Umstände bekannt waren oder grob fahrlässig unbekannt geblieben sind. Insbesondere konnte er die Rolle der P. AG im System nicht aus dem Prospekt entnehmen.
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